Interview mit Herrn Dr. Ano Nym:
Dr. Ano, herzlichen Glückwunsch! Du hast Deine Promotion in gut zwei Jahren zustande gebracht. Ein enormes Pensum, vor allem neben Deiner beruflichen Tätigkeit! 

Ja, ich habe vom Sommer 2005 bis Sommer 2007 promoviert. Davor lag ein Jahr Literaturrecherche inklusive intensiver Auseinandersetzung mit dem Thema. Das Ganze ist so fordernd gewesen, dass ich erst Zeit brauchte, um zu realisieren, was in dieser Zeit eigentlich passiert ist. 

Wie hast Du die Doppelbelastung von Beruf und Promotion für Dein Vorhaben genutzt? 

Ich konnte aufgrund inhaltlicher Überschneidungen schon vorab einige Quellen sammeln und sichten. Aus diesem Material entstand ein Exposé, das meinen Doktorvater schnell überzeugte. Als feststand, dass er den ’Startschuss’ gibt, hatte ich sozusagen, ohne es vorher genau absehen zu können, schon ein wenig Fahrt aufgenommen.

Problematisch war natürlich die Arbeitsbelastung in der Gesamtschau. Ich glaube, es klappte dennoch innerhalb der Zeit, da ich am Arbeitsplatz täglich mit den Inhalten meiner Dissertation zu tun hatte. Diese Erfahrungen konnte ich beim Anfertigen der Promotion gut einordnen und so schneller verwerten.

Schwierig empfand ich den Umstand, dass ich über mein Promotionsvorhaben nicht mit allen Kolleginnen und Kollegen offen sprechen konnte. Hier hätte ich mir einen einfacheren Weg erhofft. Insgesamt schützt dieses Verhalten aber auch vor zu erwartenden Nachfragen und vor einer zumindest denkbaren Blamage im Falle eines Scheiterns des Vorhabens.

Große Zeiten meines Jahresurlaubs opferte ich für meine Promotion. In der Endphase hieß es „120 Seiten müssen in drei Wochen ’produziert’ werden.“ Das klappte von Tag zu Tag mal besser mal schlechter. Es ist enorm wichtig, sich anspruchsvolle Ziele zu setzen.

Kannst Du in Worte fassen, was zum Zeitpunkt des „Startschusses“ Deine Einstellung zur Promotion prägte? 

Nun, ich habe mich in dem Jahr vor dem eigentlichen Startschuss sehr umfassend mit dem Vorhaben auseinandergesetzt. Diese Zeit sollte sich jeder nehmen, um auch seine Einstellung, zu dem, was auf einen zukommt, gründlich zu prüfen. Ich wusste, dass ich während des Promotionsvorhabens neben meiner Arbeit wesentlich weniger Freizeit haben werde und dass sich mein Lebensrhythmus stark ändern wird.

Meine Motivation und Kraft für die Aufgabe zog ich aus dem Wunsch, mich der ‚Prüfung Doktortitel’ zu stellen. Gute Voraussetzungen wurden erstens durch das an der Uni Bayreuth erworbene Diplom gelegt. Zweitens haben mich die (wenigen) Menschen in meinem Arbeitsumfeld angespornt, die mir den langen Weg einer Promotion nicht zutrauten.

Eine große Rolle für den Promotionserfolg spielt die Betreuung am Lehrstuhl. Welches waren für Dich die maßgeblichen Faktoren? 

Es gab viele Abstimmungsgespräche mit meinem Betreuer und anderen Mitarbeitern des Seminars. Hier hatte ich tatsächlich das Gefühl, willkommen zu sein. Das ist ganz wichtig. Sofern ich Schriftliches einreichte, gab es auch regelmäßig ein rasches Feedback, oft auch noch ergänzende Literaturhinweise. So kam ich in der Materie immer rasch voran.

Darüber hinaus organisierte mein Doktorvater ein Doktorandenkolloquium, das gut besucht war. Ich nahm die regelmäßigen Termine bzw. Blockseminare gerne wahr. Hier waren Teilleistungen zu absolvieren. Drei Scheine, also drei Referate – inhaltlich natürlich zusammenhängend mit meiner Promotion – musste ich erarbeiten. Für mich war das eine Hilfe. Bei diesen Terminen knüpfte ich Kontakt zu den anderen Promotionskandidaten. Ich profitierte von deren Erfahrungen. Ein fachlicher Austausch fand dadurch statt. Auch durch diese Verbindungen hatte ich das Gefühl, dass benötigte Hilfe „immer nur ein Anruf oder einen persönlichen Besuch weit weg“ war.

Und privat? Wie erlebtest Du die zwei Jahre in sozialer Hinsicht?

Da gab es natürlich Einschnitte. Meine von mir selbst eingeforderte Disziplin ließen insgesamt nur wenige Freiräume. Sowohl für mich persönlich wie auch für die mir nahestehenden Personen. Jeder Promotionskandidat wird das Gefühl kennen, ständig hin- und hergerissen zu sein. Eine ausgewogene Balance zwischen Arbeits-, Studien- und Privatleben ist sehr schwierig und gehört wahrscheinlich mit zur Promotionsleistung.

Für mich selbst ist seit der Promotion ein 14-Stunden-Arbeitstag normal geworden. Zunächst der Bürojob. Dann, nach ein bis anderthalb Stunden Pause, die Schreibtischarbeit zu Hause. Das ganze über zwei Jahre mit wenig freien Zeiten an den Wochenenden. Ich habe in dieser Zeit nur zwei einwöchige Wanderurlaube gemacht. Diese Bedingungen sind nicht immer leicht und können einem durchaus zu schaffen machen. Auch am Wochenende, wenn ich wusste, die Freunde gehen aus und ich sitze am Schreibtisch, musste ich mir immer wieder mein Ziel vor Augen halten. Aber das war eben mein Weg.

Und wenn Du die anderen wesentlichen Probleme während Deiner Promotionszeit beschreiben würdest. Was wäre da zu nennen?

Das Schreiben kostete mich manchmal schon Überwindung, aber das habe ich alles in allem ganz gut hinbekommen. Das beste Mittel gegen eine Schreibblockade ist eine Zeit des Abstands. Eine Promotion ist eine "Großbaustelle". Viele Dinge sind parallel zu tun. Im Falle einer (Schreib-)Blockade sollte man andere Arbeiten angehen. Ggf. sind ja noch Grafiken oder Tabellen zu erstellen. Die begleitenden Arbeiten helfen in aller Regel, den Kopf neu zuordnen. Damit tragen sie mit dazu bei, auf wesentliche Aspekte der Arbeit zu fokussieren. Anschließend sollte man möglichst rasch wieder versuchen, seinen Rhythmus zu finden. Anstrengend ist, sich immer wieder an gleiche Passagen zu setzen, um Korrekturen vorzunehmen. Am schlimmsten war die Zeit der letzten Korrektur. 

Welche Rahmenbedingungen hättest Du Dir anders gewünscht? Würdest Du aus heutiger Sicht bestimmte Dinge anders angehen? 

Also eines habe ich sehr schnell feststellen können: Dass die Öffnungszeiten der Bibliothek externen Doktoranden nicht entgegen kommt. Selten konnte ich den ganzen Service nutzen, ohne dafür Überstunden zu opfern. Das ist ein ganz wichtiger Punkt für die Rahmenbedingungen.

Ansonsten würde ich wohl meine Zeit noch strikter planen, insbesondere den Freizeitbereich. So würde ich es wichtig finden, nach vier Stunden intensiver Arbeit am Sonntagmorgen dann mit wirklich gutem Gewissen ein paar Stunden dem Schreibtisch fern zu bleiben. Hier würde ich vor allem mehr Ausgleich beim Sport suchen.

Was sind für Dich die vorherrschenden Empfindungen jetzt nach Deiner Promotion? 

Zunächst genieße ich meine „Rückkehr zurück in die normale Welt“. Ich habe plötzlich wieder Zeit und kann Pläne schmieden, Dinge zu tun, die mir einfach Spaß machen. Freunde sehen, Sport, Urlaubsreisen! Meine Freizeit weiß ich stärker denn je zu schätzen.

Ich denke, meine Möglichkeiten haben sich durch die Promotion erweitert. Schon während der Promotion begann ich, Artikel zu veröffentlichen und nebenberuflich Vorlesungen zu halten. Natürlich hat es sich für mich gelohnt. Es macht mir Spaß, die alltägliche Arbeit wissenschaftlich einordnen zu können und dieses Wissen auch zu vermitteln. Die Promotion ist gewissermaßen ein ‚wissenschaftliches Nebengleis’, das ich gerne befahren habe. Ob es weiterhin ein Nebengleis bleibt oder aber zu einem Hauptgleis wird, kann ich jetzt noch nicht abschätzen.

Eine letzte Frage noch: Was erwartest Du von einem professionellen Promotionscoaching? 

Kochen, Putzen, Literatur recherchieren und möglichst beschaffen.

Angebote theoretischer Art wären wünschenswert aber wahrscheinlich zu speziell. Wie sollten die vielen unterschiedlichen Promotionsrichtungen unter einen Hut gebracht werden? Machbar erscheinen mir aber Basisangebote wie z.B. vertiefende Erkenntnisse in die moderne Textverarbeitung oder Schreibmaschinenkurse. Die Vermittlung von Fertigkeiten dieser Art sollte den Doktoranden zur effizienten Arbeit verhelfen.

Weitere wesentliche Felder liegen im sozialen und mentalen Bereich: Die Motivation des Einzelnen zur Promotion ist vorab zu klären. Auf dem Weg zum Ziel sollten Zwischenziele definiert werden. Klingt abgedreht, aber dies sollte jedem dabei helfen, sich nicht unglücklich zu machen. Der Weg zum Erfolg ist lang und steinig. Viele Kandidaten scheitern an dieser Prüfung vor der eigentlichen Promotionsprüfung. Die insgesamt zu verwendende Zeit ist aber zum Scheitern viel zu kostbar. Schade wäre es am Ende nicht mit dem gewünschten Erfolg dazustehen. Bereits absolvierte Aktivitäten sollten deswegen immer wieder dargestellt werden. Insgesamt gilt es, das Durchhaltevermögen aller Kandidaten nachhaltig zu stärken.

Vielen Dank für das Interview! 

Nicht dafür. Sehr gern geschehen!

Düsseldorf, 19.07.2007

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